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Garantiezeit: unbegrenzt

Troll-Ökonomie

· Trollland,Trolle,Cory
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Trollland beschreibt eine weltweite Gesellschaft ohne Geld, die Cory in einer Mail an uns Herausgeber einmal „transkapitalistisch“ genannt hat. (Womit wohl gemeint ist, dass der Kapitalismus nachhaltig transformiert und transzendiert, also verändert und überwunden wurde.)

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Der Roman ist sicherlich keine Anleitung für ein konkretes Wirtschaftssystem und kann nicht direkt praktisch umgesetzt werden: Die Bevölkerungsanzahl ist geringer und liegt, so lässt sich vermuten, bei weltweit etwa zehn Prozent im Vergleich zu unseren derzeit knapp siebeneinhalb Milliarden Erdenbürgern. Denn in einem Dialog zwischen Radioreporter Naschke und einem Trollistik-Professor heißt es:

»Überall, wo es Menschen gibt, gibt es auch Trolle. Inzwischen wird so gut wie jedes Kind von einem betreut, und sie werden für die verschiedensten Aufgaben eingesetzt. Das würde nahelegen, dass es ähnlich viele Trolle gibt wie Menschen auf unserem Planeten.«

»Rund siebenhundertvierzig Millionen also.«

Utopion/Trollland, S. 52

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Trolle – das ist eine enorme Arbeitskraft und damit ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. In unserer Gesellschaft, unserem Wirtschaftssystem müssten sie, was in Ansätzen schon der Fall ist, durch Roboter und Automatisierung ersetzt werden. (Manche Zukunftsszenarien, die sich mit selbstfahrenden Autos beschäftigen, erinnern an das, was Trollland in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr mit Traxis und Großraumsänften beschreibt.)

Ein Aspekt in dieser Utopie, die dank der Trolle ein ganz anderes Selbstverständnis der Menschen hervorgebracht hat, gefällt mir persönlich besonders: die „ewige Garantie“ auf jegliche Produkte. (Letzthin fingen meine teuren Marken-Ohrhörer kurz nach Ablauf der Garantiezeit an zu schnarren. Ärgerlich, sie wegwerfen zu müssen. Lebenslange Garantie wäre da sehr erfreulich!) Drei revolutionäre Ideen scheinen mir in Trollland dafür zusammenzukommen:

  • Währungen sind abgeschafft: Es gibt kein Geld mehr.
  • Sämtliche Hersteller übernehmen volle Verantwortung für ihre Produkte.
  • Es wird kein Müll produziert.
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Für die Menschen in Trollland ist das alles selbstverständlich. Doch für uns wäre das sensationell: Alles, was man braucht und nutzt, wird – vom Hersteller selbst oder jedem, der sich damit auskennt – solange repariert, wie es sinnvoll ist. Danach wird es recycelt und durch ein neues Produkt ersetzt. Ohne Geld. Und ohne, dass man dafür etwas tun oder leisten muss.

Der Fall, dass jemand mutwillig etwas kaputtmacht, wird in Trollland nicht beschrieben. Vielleicht liegt das daran, dass es dank des wohltuenden Einflusses der Trolle weniger Aggression und Boshaftigkeit unter den Menschen zu geben scheint.

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Wäre eine solche Utopie, in der für alles gesorgt ist, möglich? Luxus-, Status- und Markenprodukte gibt es in Trollland nicht, und die Menschen gehen verantwortlich um mit allem, was sie besitzen.

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Cory schrieb uns in einer Mail: „Wir Menschen haben das Mangeldenken – von allem zu wenig, vor allem Geld! – so sehr verinnerlicht, dass wir aus den Augen verloren haben: Wir könnten eine Welt der Fülle schaffen, wenn wir abschaffen würden, was nicht funktioniert, und uns darauf konzentrieren, die grundlegenden (und dann auch weitergehenden) Bedürfnisse aller zu erfüllen. Wir müssten erkennen, dass das möglich ist. Für alle, weil wir als Menschheit wie eine große Familie zusammengehören. Und es dann gemeinsam möglich machen!“

Okay, wenn es nach mir ginge, sollte der Transkapitalismus erst einmal mit der unbegrenzten Garantie auf alles anfangen …